unbürokratischer sex
bei einem für hals und seele sehr heilsamen kneipengespräch gestern abend fiel mir endlich ein titel für das gedicht von neulich ein. da das syntagma aber so schön ist, und man erwachsenen bekanntlich immer alles erklären muss, habe ich es auch meiner protagonistin valerie fröhlich noch in den mund gelegt. das ganze spielt in berlin im jahr 2015 und vermutlich im neunten kapitel meines romans, der neben dem arbeitstitel "flowsnake" jetzt auch noch den arbeitstitel "panicum maximum" führt.
Nachdem sie ihre Koffer in der unscheinbaren Pension am Hansaplatz abgestellt hatte, ging sie zu Fuß durch den Tiergarten in die Straße, in der sie früher gewohnt hatte. Sie stellte mit Erstaunen fest, dass der schmuddelige Thai-Puff im Erdgeschoss jetzt ein wahres Edel-Bordell war. In ihrer ehemaligen Lieblingskneipe, wo das Publikum auch deutlich schicker wirkte als früher, bestellte sie einen Kirsch-Bananen-Saft und las mehrere Tageszeitungen. Stundenlang betrachtete sie die vorbeigehenden Leute und sehnte sich plötzlich danach, Thilo zu sehen. Sie rief ihn an, und prompt kam er mit dem Fahrrad vorbeigefahren. Alles war wie vor zehn Jahren.
»Thilo, ich will mit dir schlafen!« sagte sie unvermittelt statt einer Begrüßung und bekräftigte diese Aussage mit einem feuchten Kuss hinter sein Ohr.
»Hey, und die einleitenden Floskeln? Wie schön dich zu sehen, Gladbach ist mal wieder nicht abgestiegen, schönes Wetter heute, und so weiter...«, sagte er mit einem Grinsen, welches sein Unbehagen über ihre Direktheit jedoch nicht ganz verbergen konnte. »Seit wann bist du überhaupt in Deutschland? Alles in Ordnung bei dir? Ist irgendwas?«, fragte er hintereinander.
»Mann, Ich will einfach nur unbürokratischen Sex. Kannst du das denn nicht verstehen?«
»Aber Valerie, ich bin doch keine Nutte!«
»Nein. Du bist schlimmer. Du redest viel zu viel. Und immer mit Inhalt. Das ist so anstrengend.«
»Jetzt wirst du verletzend.«
»Du hast mich zuerst verletzt.«
»Ach ja?! Weil ich nicht auf Kommando mit dir in die Kiste springe?«
Er hatte den ihr so gut bekannten unschuldigen Hundeblick aufgesetzt, der verhinderte, dass sie ihm je irgendetwas übelnehmen konnte.
»Was genau meintest du eigentlich gerade mit ‘unbürokratischer Sex'?«, hakte er nach.
»Genau das«, sagte sie. »Dass man dir immer alles erklären muss. Das ist viel zu viel Bürokratie.«
»Die Männer in der Welt von Valerie Fröhlich fragen nicht. Sie reden nicht, sie reißen nur wortlos den Frauen die Kleider vom Leib und werfen sie zu Boden«, sagte er theatralisch. »Du bist doch sonst nicht so schlicht in deinen Ansprüchen. Wie kommt das eigentlich, dass du im Geschlechtsleben zu so rudimentären Bedürfnissen neigst? Und warum hast du dir dann keinen Kolumbianer geangelt? Die entsprechen ja vielleicht eher diesem Klischee.«
»Weil ich dich will. Jetzt. Und eigentlich fast immer«, sagte sie mit axiomatischer Bestimmtheit.
»Darf ich mir vorher noch ein Getränk bestellen?« fragte er zaghaft.
»Wenn es denn unbedingt sein muss«, sagte sie lachend.
»Zwei KiBa bitte«, sagte er zum Kellner.
»Seit wann trinkst du denn Kirsch-Bananensaft?«, fragte sie interessiert.
»Ooch... das hat so was herrlich unbürokratisches...«, schmunzelte er und nahm ihre Hand, »wenn zwei das Gleiche wollen.«
»Du meinst: Dasselbe?!« fragte sie erwartungsvoll.
»Ich meine den Saft.«
»Natürlich«, sagte sie und spielte mit dem Strohhalm an ihrer Unterlippe. Sie wusste bereits, dass er austrinken und nach Hause fahren würde. Es hatte sich nichts geändert.
Nachdem sie ihre Koffer in der unscheinbaren Pension am Hansaplatz abgestellt hatte, ging sie zu Fuß durch den Tiergarten in die Straße, in der sie früher gewohnt hatte. Sie stellte mit Erstaunen fest, dass der schmuddelige Thai-Puff im Erdgeschoss jetzt ein wahres Edel-Bordell war. In ihrer ehemaligen Lieblingskneipe, wo das Publikum auch deutlich schicker wirkte als früher, bestellte sie einen Kirsch-Bananen-Saft und las mehrere Tageszeitungen. Stundenlang betrachtete sie die vorbeigehenden Leute und sehnte sich plötzlich danach, Thilo zu sehen. Sie rief ihn an, und prompt kam er mit dem Fahrrad vorbeigefahren. Alles war wie vor zehn Jahren.
»Thilo, ich will mit dir schlafen!« sagte sie unvermittelt statt einer Begrüßung und bekräftigte diese Aussage mit einem feuchten Kuss hinter sein Ohr.
»Hey, und die einleitenden Floskeln? Wie schön dich zu sehen, Gladbach ist mal wieder nicht abgestiegen, schönes Wetter heute, und so weiter...«, sagte er mit einem Grinsen, welches sein Unbehagen über ihre Direktheit jedoch nicht ganz verbergen konnte. »Seit wann bist du überhaupt in Deutschland? Alles in Ordnung bei dir? Ist irgendwas?«, fragte er hintereinander.
»Mann, Ich will einfach nur unbürokratischen Sex. Kannst du das denn nicht verstehen?«
»Aber Valerie, ich bin doch keine Nutte!«
»Nein. Du bist schlimmer. Du redest viel zu viel. Und immer mit Inhalt. Das ist so anstrengend.«
»Jetzt wirst du verletzend.«
»Du hast mich zuerst verletzt.«
»Ach ja?! Weil ich nicht auf Kommando mit dir in die Kiste springe?«
Er hatte den ihr so gut bekannten unschuldigen Hundeblick aufgesetzt, der verhinderte, dass sie ihm je irgendetwas übelnehmen konnte.
»Was genau meintest du eigentlich gerade mit ‘unbürokratischer Sex'?«, hakte er nach.
»Genau das«, sagte sie. »Dass man dir immer alles erklären muss. Das ist viel zu viel Bürokratie.«
»Die Männer in der Welt von Valerie Fröhlich fragen nicht. Sie reden nicht, sie reißen nur wortlos den Frauen die Kleider vom Leib und werfen sie zu Boden«, sagte er theatralisch. »Du bist doch sonst nicht so schlicht in deinen Ansprüchen. Wie kommt das eigentlich, dass du im Geschlechtsleben zu so rudimentären Bedürfnissen neigst? Und warum hast du dir dann keinen Kolumbianer geangelt? Die entsprechen ja vielleicht eher diesem Klischee.«
»Weil ich dich will. Jetzt. Und eigentlich fast immer«, sagte sie mit axiomatischer Bestimmtheit.
»Darf ich mir vorher noch ein Getränk bestellen?« fragte er zaghaft.
»Wenn es denn unbedingt sein muss«, sagte sie lachend.
»Zwei KiBa bitte«, sagte er zum Kellner.
»Seit wann trinkst du denn Kirsch-Bananensaft?«, fragte sie interessiert.
»Ooch... das hat so was herrlich unbürokratisches...«, schmunzelte er und nahm ihre Hand, »wenn zwei das Gleiche wollen.«
»Du meinst: Dasselbe?!« fragte sie erwartungsvoll.
»Ich meine den Saft.«
»Natürlich«, sagte sie und spielte mit dem Strohhalm an ihrer Unterlippe. Sie wusste bereits, dass er austrinken und nach Hause fahren würde. Es hatte sich nichts geändert.
saoirse - 25. Mai, 11:56
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