why me?
oder: saoirses kurze karriere als touristenführerin
letzten samstag beim rudern fragte mich eine ruderkameradin, die so intellektuelle stadtführungen macht, ob ich bereit wäre, einer ägyptischen gruppe zwei stunden was über berliner gewässer zu erklären. klar, sagte ich, wasser ist immer gut. es gibt info-material, die tour ist vorgeplant mit east-side-gallery etc., der stundenlohn ist ok, also warum nicht, ist ja eine einmalige sache. irgendwie schon komisch – für mich kommt reiseführer so von unten direkt nach friseur und flugbegleiter, also irgendwie kein erstrebenswerter beruf, mit dem man potenzielle schwiegermütter beeindruckt. aber man nimmt ja, was man kriegen kann.
kaum hatte ich das zugesagt, rief der mann einer kollegin an, ob ich denn auch berlinführungen auf serbisch machen würde. klar, sagte ich, gesetz der serie, ich werde noch als reiseführerin karriere machen. drei stunden sehenswürdigkeiten, also zu fuß vom alex bis zum reichstag, das sollte schon noch drin sein.
um 14 sollte ich heute also in einem hotel in hönow sein. hönow, liebe nichtberliner, ist in der kalten heimat, also so ca. 1,5 u-bahn-stunden weit von der zivilisation, noch hinter hellersdorf. sieht ein bisschen aus wie eine vorstadt von nowosibirsk oder jakutsk. aber na ja, es ist noch im AB-tarifbereich, klar, fahre ich also hin, ich will ja auch auf meine kosten kommen was den berlin-tourismus angeht.
im hotel weiß man nichts von einer serbischen reisegruppe. irgendwann kommen sie dann an, übermüdet, direkt aus paris, und behaupten, sie hätten den führer (also mich) für 18 abends bestellt. so weit so gut, in dem restaurant (!) was den job vermittelt hat, geht nur ein faxgerät ran, also verziehe ich mich und verabrede ich mich um 19h am alex.
um 19:15 kommen die leute da an. ich führe sie brav durchs nikolaiviertel, an der museumsinsel vorbei und über den gendarmenmarkt bis zum reichstag. keine sehenswürdigkeit wird ausgelassen, keine jahreszahl, keine epoche, kein architekt und keine anekdote.
um 21:15 will ich dann ein honorar für zwei stunden haben, also von 19-21h. zur antwort bekomme ich, dass es ja keine vollen zwei stunden waren, weil wir ja – so wörtlich – auch gelaufen seien, und ich nicht die ganze zeit geredet habe. mir bleibt die sprache weg. also die serbische, und auch die deutsche. so was habe ich echt noch nie gehört.
ach so, und die typen waren enttäuscht, dass ich ihnen hitlers grab nicht zeigen konnte.
manchmal schäme ich mich, halbe serbin zu sein.
letzten samstag beim rudern fragte mich eine ruderkameradin, die so intellektuelle stadtführungen macht, ob ich bereit wäre, einer ägyptischen gruppe zwei stunden was über berliner gewässer zu erklären. klar, sagte ich, wasser ist immer gut. es gibt info-material, die tour ist vorgeplant mit east-side-gallery etc., der stundenlohn ist ok, also warum nicht, ist ja eine einmalige sache. irgendwie schon komisch – für mich kommt reiseführer so von unten direkt nach friseur und flugbegleiter, also irgendwie kein erstrebenswerter beruf, mit dem man potenzielle schwiegermütter beeindruckt. aber man nimmt ja, was man kriegen kann.
kaum hatte ich das zugesagt, rief der mann einer kollegin an, ob ich denn auch berlinführungen auf serbisch machen würde. klar, sagte ich, gesetz der serie, ich werde noch als reiseführerin karriere machen. drei stunden sehenswürdigkeiten, also zu fuß vom alex bis zum reichstag, das sollte schon noch drin sein.
um 14 sollte ich heute also in einem hotel in hönow sein. hönow, liebe nichtberliner, ist in der kalten heimat, also so ca. 1,5 u-bahn-stunden weit von der zivilisation, noch hinter hellersdorf. sieht ein bisschen aus wie eine vorstadt von nowosibirsk oder jakutsk. aber na ja, es ist noch im AB-tarifbereich, klar, fahre ich also hin, ich will ja auch auf meine kosten kommen was den berlin-tourismus angeht.
im hotel weiß man nichts von einer serbischen reisegruppe. irgendwann kommen sie dann an, übermüdet, direkt aus paris, und behaupten, sie hätten den führer (also mich) für 18 abends bestellt. so weit so gut, in dem restaurant (!) was den job vermittelt hat, geht nur ein faxgerät ran, also verziehe ich mich und verabrede ich mich um 19h am alex.
um 19:15 kommen die leute da an. ich führe sie brav durchs nikolaiviertel, an der museumsinsel vorbei und über den gendarmenmarkt bis zum reichstag. keine sehenswürdigkeit wird ausgelassen, keine jahreszahl, keine epoche, kein architekt und keine anekdote.
um 21:15 will ich dann ein honorar für zwei stunden haben, also von 19-21h. zur antwort bekomme ich, dass es ja keine vollen zwei stunden waren, weil wir ja – so wörtlich – auch gelaufen seien, und ich nicht die ganze zeit geredet habe. mir bleibt die sprache weg. also die serbische, und auch die deutsche. so was habe ich echt noch nie gehört.
ach so, und die typen waren enttäuscht, dass ich ihnen hitlers grab nicht zeigen konnte.
manchmal schäme ich mich, halbe serbin zu sein.
saoirse - 3. Mai, 23:36
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