30
Apr
2006

good bye, ruby cheerful

Die Umstände - nicht zuletzt die Tatsache, dass es ab morgen eine Blog-Weltreise zu bewerkstelligen gilt - führen dazu, dass ich die Frank-Geschichte heute beenden werde. Ein neuer Monat beginnt in wenigen Stunden, am ersten April hatte ich begonnen, also ist es Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Die Wiederaufarbeitung der Geschichte hat einiges in mir ausgelöst. Gestern nacht saß ich mit dem Menschen, der sie außer mir und Frank am besten kennt, in diversen Kneipen und habe mir noch einmal in aller Deutlichkeit ins Gesicht sagen lassen, dass meine Wahrnehmung der Dinge erheblich von der Realität abweicht. Dass unendlich viel Feigheit, Unreife und postpubertäres Gehabe zu einem Szenario geführt haben, was irgendwann außer Kontrolle geraten ist und für mich zum Selbstzweck wurde. Es war ein ungeheuer heilsames Gespräch. Und hier ist der dramatische vorläufige Rest der Story.

Der Kurs endete im April 1998. Zeitgleich lief auch mein Zeitvertrag aus. Man hatte mir keinen neuen angeboten, da die Story aufgeflogen war und ich aufgrund meines unvernünftigen Verhaltens für nicht tragbar befunden wurde.
Bis zum Schluss hatte es keine vernünftige Aussprache zwischen uns gegeben. Frank mied mich, wo er nur konnte, und gebärdete sich in der Abschlussrüfung, in der ich als Beisitzerin fungierte, auch reichlich komisch. Noch nicht einmal Auf Wiedersehen wollte er mir sagen. Nun denn. Meine Entscheidung, zurück an die Uni zu gehen und zu promovieren, hielt mich zunächst davon ab, zu viel in Erinnerungen zu schwelgen. Doch sie waren da. Der Blick eines waidwunden Rehs, die Erinnerung an Berührungen, Küsse... Ich schrieb ihm beharrlich SMSe und bekam manchmal sogar eine - teilweise patzige - Antwort. Dennoch sahen wir uns fast drei Jahre nicht wieder. Dazwischen lag ein Krieg, in dem die Brücken meiner Heimatstadt und mit ihr das Leben meines ersten "richtigen" Freundes Oleg von NATO-Bomben zerstört wurden. Während dessen war Frank auch auf dem Balkan, was mir zusätzlich schlaflose Nächte bereitete.
Dann, 2001, zwei Tage vor meinem dreißigsten Geburtstag, gab es wieder eine Mondfinsternis. Ich bekam einen seltsamen Anruf von einem sichtlich angetrunkenen Frank, dass ich in eine bestimmte Kneipe kommen solle und so tun, als sei ich zufällig da. Dort erzählte er mir eine haarsträubende Story von wegen Job verlieren und Spionage und militärische Abwehr und Kontaktsperre. Zwölf Stunden später klingelt der Verfassungsschutz an meiner Tür und erzählt mir die zweite Version derselben Geschichte. Dass unsere Affäre aufgeflogen sei, dass begründeter Verdacht auf Spionage bestünde und dass von mir verlangt würde, alle Kontakte zu ehemaligen Schülern abzubrechen. Wie soll ich denn Franks Handynummer vergessen, ich weiß sie doch auswendig?
Totaler Absturz, Mond-, Sonnen- und Geistesfinsternis macht sich breit. Ich bin mehrere Monate völlig von Sinnen. Irgendwann zerstreut sich die Paranoia halbwegs.
Fast zwei Jahre später, im September 2002, taucht er plötzlich wieder auf. Ruft an, will mit mir einen trinken gehen, erzählt mir, er sei seit zwei Jahren solo und es ginge ihm gut damit. Irgendwann küssen wir uns. Er sagt, dass er jetzt wahnsinnig gerne mit mir schlafen würde. Ich entgegne, dass er besoffen sei, und dass ich ihm das nicht abnehmen würde. Erinnere ihn an eine Begebenheit, wo er mir - bei einer der seltenen vernünftigen Unterhaltungen, die wir hatten - gesagt hat, dass er auch nüchtern und bei Tageslicht mit mir schlafen würde (er war bei dieser Aussage nüchtern und es war hell draußen). Und dass er es dennoch nie getan hat. Seine unwiderstehlichen Blicke jedoch lassen mich schnell gefügig werden und ich schleife ihn ins Hochbett. Endlich scheint die Erfüllung aller Wünsche in greifbare Nähe gerückt. Doch nein - kurz bevor es zum äußersten kommt, springt Frank vom Bett und zieht sich hastig an. Alles Heulen und Flehen hilft nichts - er kommt nicht mehr zurück. Ich will den Schlüssel verstecken, gebe aber nach, da er den Blick eines Amokläufers hat. Später erzählt er mir, er wäre gestorben, wenn wir es getan hätten.
Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe. Kurz darauf ging ich nach Berlin. Wir haben noch manches Mal telefoniert und gemailt, irgendwann jedoch hatte er sämtliche mir bekannten Kontaktdaten von heute auf morgen geändert.
Und da mir kein entsprechend herzzerreißendes Ende für diese Story einfällt, nehme ich - obwohl ich versprochen hatte, hier auf literarische Ausschmückung zu verzichten - einfach das Ende des zweiten Kapitels meines Romans.Für alle, die Gefallen an der Geschichte bekommen haben, wird es irgendwann nach der Veröffentlichung (hüstel, schulterselberklopf) ein mit Autogramm versehenes Exemplar geben. Haltet Ausschau nach Valerie Fröhlich. Und natürlich nach Ruby Cheeful.

Ich will nicht mehr haben und tun, nur noch sein. Ich habe alles erlebt, was diese Welt an Spaß und an Schmerz zu bieten hat. Jetzt werde ich in Wales oder Albanien Kleinvieh hüten und meinen Tagesablauf am Sonnenlicht orientieren. Ich liebe Frank, und ich schäme mich weder dafür noch verheimliche ich es. Und eines Tages, und sei es im Himmel, werden wir nebeneinander liegen und er wird es verstanden haben. Der große Rest der Welt ist vollkommen unwichtig.

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rosmarin - 30. Apr, 20:42

himmel. über die 30tägige weltreise bin ich hier gelandet, fand mich im abgesang auf eine geschichte wieder, die ich nicht kannte. also habe ich alle teile schnell nachgelesen. eine traurige, tragische und unvollendete geschichte. sicher werdet ihr euch eines tages wieder begegnen.

saoirse - 30. Apr, 20:49

das hoffe ich! ich könnte deinen namen als omen deuten - rosmarin wird da, wo ich herkomme, als hochzeitsschmuck verwendet...
lotusblüte - 1. Mai, 04:26

Also ich verstehe das nicht, saoirse. Wenn Du diesen Mann wirklich liebst, warum bleibst Du hier? Warum gehst Du nicht ein Paar Wochen zurück und suchst ihn? Willst Du wirklich auf der Zeit im Himmel warten oder diese Liebe endlich mal erleben? Willst Du wissen, ob diese Liebe noch eine Chance hat oder nicht? Oder willst Du Dein Leben lang einen "Schatten" lieben und Dich deswegen für keinen anderen öffnen können? Mach doch was, kläre das für Dich. FÜhlst Du Dich nicht "gefangen"?

saoirse - 1. Mai, 12:54

es ist leider viel zu oft so, dass liebe nicht erwidert wird. ich bin eigentlich schon fast in das gefühl verliebt, unglücklich verliebt zu sein. suchen bringt nichts. er will keinen kontakt. das hat er vor ein paar wochen erst einer freundin am telefon gesagt, die sich bereit erklärt hatte, ihn anzurufen, weil sie mein gejammer auch nicht mehr ertragen konnte.
lotusblüte - 1. Mai, 13:17

Ja dann ist die Sache ganz klar. irgendwie kommt es mir bekannt vor oder? Ich hatte damals diesen schönen Zoran auch geliebt.
Ich kann mir vorstellen, daß viele Gedanken in Deinem Kopf ohne Ende rumkreisen und zu verstehen vesuchen, was eigentlch geschehen ist? Es gibt aber keine Lösung...Es gibt nichts zu verstehen. Männer tun Dinge einfach so unbewußt. Da wird keine "SAU" - auch nicht die da oben - schlau davon. Laß ihn los, weine, tobe, sonst was...Aus Liebe zu Dir selbst!

Mir hat damals die Gedanke geholfen: "wir haben beide nur das getan, was wir konnten".Ich habe mir und ihm verzeihen können.

Ja Leiden ist so vertraut irgendwann mal, daß Einem Glück richtig Angst machen kann.

Dieser Patrick scheint Dir gut zu tun oder?
saoirse - 1. Mai, 13:20

ja, er tut mir sehr gut. weil er die wahrheit sagt. und mich respektiert.
lotusblüte - 1. Mai, 13:23

hey das freut mich für Dich. Wahrheit ist wirklich etwas wunderbares heilsames und Respekt wie Balsam auf der Seele.
WÜnscht Dir sehr bald bessere Zeiten!
saoirse - 1. Mai, 13:28

"Männer lieben, als hätten sie keine Zeit. Und glücklich zu sein, das schaffen sie nie..."
"Die Frauen meinen, die Liebe regiere die Welt: Da sieht man, wie verdreht sie im Kopf sind."

(Aus Jean-Jacques Schuhl: Ingrid Caven)
lotusblüte - 1. Mai, 13:54

Ach sirge.. was wäre die Welt ohne Liebe? sie würde nicht mehr existieren.
Nur meine eigene Liebe für mich definiert meine Außenwelt und die Männer, die ich kennenlerne.
kingofmonks - 1. Mai, 09:48

hm...

das ganze ist vergebene liebesmüh aus zwei gründen (wenn du mich fragst - was du nicht tust):

zum einen hat frank schlichtweg nicht mal ansatzweise auch nur einen teilplan fürs leben. anders ausgedrückt: er hat nicht den leisesten schimmer was er eigentlich will und wenn er ihn in dem alter noch nicht hat wird er ihn auch niemals bekommen. das ist aber nicht so schlimm, denn das geht vielen männern so und ist meiner meinung nach einer der gründe wieso so viele von uns heiraten.

zum anderen wirst du nach deiner weltreise sowieso mich heiraten, 3-5 kinder bekommen und anschliessend besiedeln wir gemeinsam eine der kleinen inseln vor der connemara. also mach dir keinen stress, steig auf die grüne susi und sorg einfach dafür, dass du in 30 tagen an der baltischen see strandest.

so...

ups? bin ich hier etwa falsch. das ist doch der strick-blog von sabine müller? nicht? mist! wo ist nochmal der lösch-button? ;-)

saoirse - 1. Mai, 12:56

hach king, du bist süß!
wenn ich jetzt mal beide absätze im zusammenhang lese, willst du mich nur heiraten, weil du noch keinen plan fürs leben hast. das ist mir aber zu unromantisch.
und was den strickblog angeht - schau mal unter click clack. die frau in der badewanne sieht doch richtig süß aus, oder?
da fällt mir ein, ich muss ja noch meine aussteuer häkeln. von deinem etui ganz zu schweigen, aber das brauchst du ja dann bald nicht mehr, wenn wir heiraten (du weißt ja, ich bin katholisch).
kingofmonks - 1. Mai, 15:54

hm...

absätze sind absätze mensch!

bitte keine unangeforderten transferleistungen erbringen. schon gar nicht in planfragen. ;)

(auf mein etui bestehe ich übrigens. hochzeit hin oder her.)
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