25
Mai
2005

unbürokratischer sex

bei einem für hals und seele sehr heilsamen kneipengespräch gestern abend fiel mir endlich ein titel für das gedicht von neulich ein. da das syntagma aber so schön ist, und man erwachsenen bekanntlich immer alles erklären muss, habe ich es auch meiner protagonistin valerie fröhlich noch in den mund gelegt. das ganze spielt in berlin im jahr 2015 und vermutlich im neunten kapitel meines romans, der neben dem arbeitstitel "flowsnake" jetzt auch noch den arbeitstitel "panicum maximum" führt.

Nachdem sie ihre Koffer in der unscheinbaren Pension am Hansaplatz abgestellt hatte, ging sie zu Fuß durch den Tiergarten in die Straße, in der sie früher gewohnt hatte. Sie stellte mit Erstaunen fest, dass der schmuddelige Thai-Puff im Erdgeschoss jetzt ein wahres Edel-Bordell war. In ihrer ehemaligen Lieblingskneipe, wo das Publikum auch deutlich schicker wirkte als früher, bestellte sie einen Kirsch-Bananen-Saft und las mehrere Tageszeitungen. Stundenlang betrachtete sie die vorbeigehenden Leute und sehnte sich plötzlich danach, Thilo zu sehen. Sie rief ihn an, und prompt kam er mit dem Fahrrad vorbeigefahren. Alles war wie vor zehn Jahren.
»Thilo, ich will mit dir schlafen!« sagte sie unvermittelt statt einer Begrüßung und bekräftigte diese Aussage mit einem feuchten Kuss hinter sein Ohr.
»Hey, und die einleitenden Floskeln? Wie schön dich zu sehen, Gladbach ist mal wieder nicht abgestiegen, schönes Wetter heute, und so weiter...«, sagte er mit einem Grinsen, welches sein Unbehagen über ihre Direktheit jedoch nicht ganz verbergen konnte. »Seit wann bist du überhaupt in Deutschland? Alles in Ordnung bei dir? Ist irgendwas?«, fragte er hintereinander.
»Mann, Ich will einfach nur unbürokratischen Sex. Kannst du das denn nicht verstehen?«
»Aber Valerie, ich bin doch keine Nutte!«
»Nein. Du bist schlimmer. Du redest viel zu viel. Und immer mit Inhalt. Das ist so anstrengend.«
»Jetzt wirst du verletzend.«
»Du hast mich zuerst verletzt.«
»Ach ja?! Weil ich nicht auf Kommando mit dir in die Kiste springe?«
Er hatte den ihr so gut bekannten unschuldigen Hundeblick aufgesetzt, der verhinderte, dass sie ihm je irgendetwas übelnehmen konnte.
»Was genau meintest du eigentlich gerade mit ‘unbürokratischer Sex'?«, hakte er nach.
»Genau das«, sagte sie. »Dass man dir immer alles erklären muss. Das ist viel zu viel Bürokratie.«
»Die Männer in der Welt von Valerie Fröhlich fragen nicht. Sie reden nicht, sie reißen nur wortlos den Frauen die Kleider vom Leib und werfen sie zu Boden«, sagte er theatralisch. »Du bist doch sonst nicht so schlicht in deinen Ansprüchen. Wie kommt das eigentlich, dass du im Geschlechtsleben zu so rudimentären Bedürfnissen neigst? Und warum hast du dir dann keinen Kolumbianer geangelt? Die entsprechen ja vielleicht eher diesem Klischee.«
»Weil ich dich will. Jetzt. Und eigentlich fast immer«, sagte sie mit axiomatischer Bestimmtheit.
»Darf ich mir vorher noch ein Getränk bestellen?« fragte er zaghaft.
»Wenn es denn unbedingt sein muss«, sagte sie lachend.
»Zwei KiBa bitte«, sagte er zum Kellner.
»Seit wann trinkst du denn Kirsch-Bananensaft?«, fragte sie interessiert.
»Ooch... das hat so was herrlich unbürokratisches...«, schmunzelte er und nahm ihre Hand, »wenn zwei das Gleiche wollen.«
»Du meinst: Dasselbe?!« fragte sie erwartungsvoll.
»Ich meine den Saft.«
»Natürlich«, sagte sie und spielte mit dem Strohhalm an ihrer Unterlippe. Sie wusste bereits, dass er austrinken und nach Hause fahren würde. Es hatte sich nichts geändert.

24
Mai
2005

endlich: stock!

auch bei so stockdoofen menschen wie mir ist er jetzt angekommen, dank Ole. und da ich ja definitiv die letzte bin, die ihn bekommt, werfe ich ihn nicht weiter, sondern benutze ihn zum gehen (ich bin ja nicht nur stocktaub, sondern auch stockblind und stocklahm).

1. You’re stuck inside fahrenheit 451, which book do you want to be?

Winnie the Pooh natürlich. Zumindest alle Passagen, die Puderbär und Ferkel sprechen.


2. Have you ever had a crush on a fictional character?

Na klar, vor meiner Geschlechtsreife war ich immer in irgendeinen literarischen Charakter verliebt. Allen voran Edmond Dantes (a.k.a. Graf von Monte Cristo). Julien Sorel aus "Rot und Schwarz". Und Pierre Bezuchov (aber nur, weil alle Weiber aus meiner Klasse in Andrej Bolkonskij verliebt waren).

3. The last book you bought is:

Tatsächlich kaffee.satz.lesen. Wenn man sich in den Blogs mal so umsieht, wer das alles als letztes gekauft hat, müsste die Auflage ja bald vergriffen sein.

4. The last book you read:

'Flesh and Blood' von Michael Cunningham.


5. What are you currently reading?


'Oracle Night' von Paul Auster

6. Five books you would take to a desert island:
  • eine baskische Grammatik (weil ich da endlich mal Zeit hätte, sie zu lernen)
  • eine Bibel (wahrscheinlich King James' AV oder ein griechisches NT)
  • 'Anam Cara' von John O'Donohue (kommt bei mir gleich nach der Bibel, was erbauliche Lektüre angeht)
  • Ein dickes Astronomie-Handbuch (was soll man sonst auch machen auf der Insel als Sterne gucken?)
  • "The Stars' Tennis Balls" von Stephen Fry (irgendein unterhaltsames lieblingsbuch muss einfach mit, das original (s.o., Graf von Monte Cristo) kann ich fast auswendig, und bei beiden kann man sich so wunderbar gedanken machen, wie man mit den bösen menschen verfährt, wenn man von der insel zurückkehrt)

23
Mai
2005

nachbetrachtungen zum wochenende

ähnlich wie zu papstwahl und trainerrücktritt bei borussia MG möchte ich hier auch keine kommentare zur NRW-wahl zum besten geben. nur eins hat mich gewundert: was für grässliche leute manch einer (und ich zähle wohl einige anarcho-linke zu meinem bekanntenkreis) bereit war, zu wählen, nur um nicht noch 5 jahre von der SPD regiert zu werden...

dann lasse ich mich doch lieber zu einer ausführlichen Grand-Prix-Nachlese hinreißen. aber nicht heute (zu viel zu tun).

19
Mai
2005

saoirse ní chroíúil

Es war kurz vor elf Uhr abends, als Dr. Anthony McGrath mit seinem weißen BMW den Parkplatz des Krankenhauses in Holywood verließ. Die psychiatrische Abteilung des City Hospital war erst vor kurzem in den ruhigen Vorort von Belfast verlegt worden. Er hatte sich noch im Pub neben dem Hotel mit seinem alten Freund Micheál verabredet, der seit Jahren im Ort eine Art Mischung aus Detektei und journalistischer Recherche-Agentur betrieb.

Micheál saß bereits an der Bar, als McGrath den Pub betrat.
»Hallo, wie geht's denn so? Danke, dass du gekommen bist. Was dagegen, wenn wir uns dort hinten an den Tisch zurückziehen?« sagte er zu Micheál, und wandte sich dann zum Barkeeper.
»Ein Pint bitte, John!«
»Was gibt es so Dringendes, mein Freund, dass du mich unbedingt heute abend noch sprechen wolltest? Am Sonntag! Und dann auch noch in der hintersten, dunkelsten Ecke der Kneipe!«, er lachte und bewegte sich mit seinem halbvollen Glas in die von Anthony gewünschte Richtung.
»Auf meiner Station ist heute eine Patientin verstorben. Laut Ausweispapieren hieß sie Saoirse Ní Chroíúil, und ich könnte schwören, dass ich den Namen schon mal im Zusammenhang mit IRA oder sonstwas gehört habe. Da du einfach wesentlich mehr über das Zeitgeschehen weißt als ich, wollte ich dich in dem Zusammenhang mal befragen. Mir lässt das Ganze keine Ruhe. Seit sie tot ist, wittere ich Ärger. Irgendwas stimmt an der ganzen Sache nicht.«
»Der Name ist irisch durch und durch, klingt aber eben auch wieder zu irisch. So, als wäre er von einem Sprachfanatiker oder einem ähnlichen Scherzkeks erfunden worden. Was hatte die Frau denn für Papiere?«
»Sie war vor einigen Jahren mal Gastwissenschaftlerin am Celtic Department der Queens University gewesen. Sie kam aus Deutschland, war aber angeblich irischer Abstammung. Sie lebte laut Aussage der Krankenakte seit Jahren von Sozialhilfe, da sie, nachdem ihre Gastdozentur ausgelaufen war, nicht wieder nach Deutschland zurückgekehrt war.
Anthony stürzte sein Guinness geradezu herunter. Das erste nach einem langen Arbeitstag schmeckte immer am besten.«
»Siehst du, ich sagte doch, Sprachfanatiker. Die deutschen Keltologen können ja mittlerweile bald besser Irisch als die Leute aus den irischsprachigen Gebieten. Dennoch, wenn du mich fragst, war der Name frei erfunden. Es hat zwar in den siebziger Jahren in der Republik Irland eine wahre Schwemme von Mädchen mit dem Namen Saoirse, "Freiheit", gegeben, aber Ní Chroíúil als Familienname? Abgesehen davon, dass die Form grammatisch falsch ist, ist es auch keineswegs üblich, Namen von Adjektiven abzuleiten. Nun ja, ich werde für dich recherchieren. Jetzt gehe ich aber erst mal zur Bar. Du bekommst doch bestimmt auch noch ein Pint Stout, oder?«
»Sehr gerne.«

Micheál kam ein paar Minuten später mit den zwei Gläsern zurück und setzte sich wieder neben seinen Bekannten.
»Anthony, ich will dir mal was sagen. Du bist zweifellos ein sehr guter Psychiater, aber manchmal werde ich das Gefühl nicht los, dass du dich auch privat viel zu sehr für die Schicksale deiner Patienten interessierst.«
»Aber Micheál, hier handelt es sich um einen Todesfall.«
»Na und? Überleg dir mal, mit wie vielen Todesfällen Chirurgen oder Internisten jeden Tag zu tun haben. Meinst du ernsthaft, die versuchen jedes Mal, herauszufinden, warum ein Krebspatient alleinstehend war oder was die soziale Herkunft eines Unfallopfers war?«
»Ja, du hast Recht. Aber dieser Fall lässt mir einfach keine Ruhe. Es war von Anfang an alles so... seltsam. Sie sprach so viele Sprachen, war so intelligent, hatte so viel erlebt... ich hatte gerade erst ihr Vertrauen gewonnen, sie fing an, sich auf die Therapie einzulassen, und dann stirbt sie aus heiterem Himmel an Herzstillstand. Das ist einfach so... unfair!«
»Wenn du allein mit der ganzen Sache nicht fertig wirst, ruf die Cops an. Vielleicht hatte sie ja wirklich etwas mit Spionage oder Terrorismus zu tun.«
»Aber Micheál, du bist immer derjenige gewesen, den ich für geeignet hielt, relevante Informationen herauszufinden, um psychisch kranke Leute vor der Polizei zu schützen. Warum in aller Welt rätst du mir jetzt auf einmal dazu, die Gegenseite zu konsultieren?«
»Ich bin Journalist und Hobby-Detektiv, aber ich will nichts mit staatsfeindlichen Aktivitäten zu tun haben. Gut, ich helfe dir, alles was in meiner Macht steht, über die Frau rauszufinden. Aber sobald ich Verdacht schöpfe, dass irgendwas nicht sauber ist, informieren wir die Polizei, OK?«

Anthony konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Micheál bereits mehr über Saoirse Ní Chroíúil wusste, als er ihm gegenüber vorgab. Mit einer solchen Bestimmtheit hatte er ihn jedenfalls noch nie von der Option, die Polizei einzuschalten, überzeugen wollen, und es war wahrlich nicht das erste Mal, dass er ihn um Informationen in heiklen Angelegenheiten bat, wenn es um Patienten mit kriminellem Hintergrund ging.
Er gab ihm die Kopie der Akte Ní Chroíúil, sie tranken jeder noch ein drittes Pint, unterhielten sich über belanglose Dinge und verließen gegen 0:30 das Lokal. Micheál konnte zu Fuß nach Hause gehen, da er in Holywood wohnte, Anthony fuhr mit dem Auto nach Belfast.

18
Mai
2005

welches buch ich bin

mir hat komischerweise noch keiner diesen ominösen bücherstock zugeworfen (vielleicht hält mich keiner für belesen genug?! anm.: auch autorinnen lesen bisweilen) daher mal wieder ein umfrageergebnis:

The name of the rose
Umberto Eco: The Name of the Rose. You are a
mystery novel dealing with theology, especially
with catholic vs liberal issues. You search
wisdom and knowledge endlessly, feeling that
learning is essential in life.

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Saoirse zwitschert

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    Online seit 7504 Tagen
    Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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